Diese Anlage ist also auch ein Stück weit ein Experiment für Sie in der Größenordnung. Was ist das Innovative am Projekt der Schwestern des Erlösers in Würzburg? Was erhoffen Sie sich davon?
Ja, es ist ein Experiment, aber es ist kein unkalkulierbares Experiment. Zurzeit ist viel Dynamik im Markt der erneuerbaren Energien, sodass auch viele Produkte auf den Markt kommen, die hochexperimentell sind. Da muss gut auf Wartung, Pflege, Reparatur und Lebensdauer/Haltbarkeit geachtet werden. Bei den Solarziegeln, die jetzt in Würzburg verbaut wurden, ist es so, dass wir den Vorteil haben, dass wir noch ein klassisches Trägermaterial haben. Wir haben die gebrannten Ziegeln als ganz klassisches Dachdeckungsmaterial. Mit dem hat die Menschheit seit 600 Jahren Erfahrung. Und wir wissen, dass Ziegeln als Wetterschutz gut auf Dächern funktionieren und wie sie sich bei verschiedenen Temperaturen verhalten. Diesen ganzen Erfahrungshorizont können wir schon als Grundlage mitnehmen.
In dieser Ziegel ist das Solarmodul integriert. Das ist sozusagen die Neuerung und das ist auch das, was noch keine hohen Erfahrungswerte deutschlandweit hat. Die bisherigen Anlagen dieser Art sind alle so zwei bis drei Jahre alt und wir haben dementsprechend viel weniger Erfahrung, als mit den klassischen Solaranlagen, von denen Sie sprechen. Die werden schon seit 30-40 Jahren verbaut. Da ist der Erfahrungswert viel höher.
Eine so große Anlage mit Solarziegeln bringt uns den Vorteil, dass wir jetzt echtes Monitoring durchführen können. Die Anlage kann beobachtet werden, es werden statistische Zahlen über den Ertrag und die Erfahrungen bezüglich der Haltbarkeit gewonnen. So ist ein Vergleich mit anderen Anlagen möglich. Beim Thema Verschattung ist die jetzige Lösung zum Beispiel deutlich besser als andere Anlagen. Wenn sie eine klassische Anlage haben und die ist teilweise verschattet und vielleicht auch noch in Reihe geschaltet, dann kann es sein, dass sie aufgrund der Verschattungssituation über eine ganze Panellänge keine Erträge haben. Bei den Ziegeln ist es so, dass vielleicht ein oder zwei Ziegeln ausfallen, aber nicht eine ganze Reihe. Es ist jetzt möglich, diesen augenscheinlichen Vorteil zu überprüfen, ob der sich langfristig auswirkt. Das kann man natürlich nur unter Realbedingungen. Und diese Realbedingungen haben wir jetzt. Das ist tatsächlich auch ein Grund, warum wir die Anlage relativ hoch gefördert haben, sodass sie für die Erlöserschwestern auch wirtschaftlich sein kann. Wir erhoffen uns, dass wir langfristig Erkenntnisse für andere Projekte gewinnen und anwenden können.
Sie haben bereits erwähnt, dass die Größenordnung dieser Anlage ziemlich einmalig ist. Ich habe gelesen, 20.000 Solarziegeln seien verlegt worden. Können Sie das irgendwie ins Verhältnis setzen oder einen Vergleich ziehen zu einer „normalen“ PV-Anlage?
Insgesamt wurden ca. 19.000 Solarziegeln verlegt. Das hat sich im Prozess ergeben, wie viele möglich sind einzudecken. Wenn man annimmt, dass ein Einfamilienhaus ca. 60m² nutzbare Dachfläche hat, dann ist die Anlage der Schwestern des Erlösers vergleichbar mit ca. 25 Einfamilienhäusern. Die Leistung der Anlage mit ca. 150kWpeak (Höchstleistung in Kilowatt) ist vergleichbar mit ca. 15 Einfamilienhausanlagen mit klassischen, nicht denkmalgerechten Modulen. Damit liegt die Anlage auf dem Kloster im guten Mittelfeld. Mit einer klassischen Anlage hätte man natürlich deutlich mehr ernten können. Allerdings – und das ist der Punkt – müssen Sie sich auch überlegen, was Sie mit diesem Strom machen. Da eine Einspeisung ins Stromnetz derzeit wenig rentabel ist und ein Vorortverbrauch im Sinne einer Quartierslösung juristisch noch extrem schwierig, hätten die Schwestern eine zusätzliche Speicherlösung benötigt. Die Erlöserschwestern können den Ertrag, den sie jetzt auf dem Dach ernten, tatsächlich eins zu eins verbrauchen. Sie brauchen keinen zusätzlichen Speicher. Das ist auch ein Vorteil im Sinne der Nachhaltigkeit, denn auch Speicher sind teuer und verbrauchen bei der Herstellung viele Ressourcen und Material.