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Johannes Paul II. schreibt in seiner Botschaft zum Welttourismustag 2000: „Der Tourismus könnte zu einem Faktor vorrangiger Bedeutung für den Aufbau einer Welt werden, die der Kooperation zwischen allen offen steht, durch die gegenseitige Kenntnis und das unmittelbare Nebeneinander von unterschiedlichen Realitäten“1. Weiter heißt es, der Tourismus biete eine nützliche Gelegenheit für die Evangelisierung.

Aus heutiger Sicht 2023 liest sich der Satz wie folgt:

Der Tourismus ist zu einem Faktor vorrangiger Bedeutung für den Aufbau einer Welt geworden, die der Kooperation zwischen allen offen steht, durch die gegenseitige Kenntnis und das unmittelbare Miteinander von unterschiedlichen Realitäten.

Das unmittelbare Miteinander von unterschiedlichen Realitäten besteht aus Kooperationen von Kirche, Staat und Gesellschaft. Konkret: Ein starkes Netzwerk bildet sich und wird durch Beziehungspflege aufrecht gehalten.
Die Zusammenarbeit mit den einzelnen christlichen und politischen Gemeinden, mit den Tourist-Informationszentren, den Werbeagenturen und den Medien ist unabdingbar, sowie der Kontakt in den jeweiligen Bereichen mit den Menschen, der hauptausschlaggebend ist.
Und nicht zu vergessen: die Touristen, sie sind die Zielgruppe. Angebote, Programme, Ausstellungen müssen auf sie abgestimmt sein. Das heißt: Gesellschaftliche Trends beobachten, Interessen wecken, Wünsche erfragen, mit ihnen ins Gespräch kommen. Die Gestaltung des Alltags der Urlauberinnen und Urlauber ist so individuell wie ihr Urlaub – eine Herausforderung für die Tourismuspastoral.

Logo Tourismuspastoral

Logo Tourismuspastoral; Bild: Marion von Brechan

Verschiedene Programme werden im Rahmen der Tourismuspastoral angeboten. Von besonderer Bedeutung sind die „Offenen Kirchen“ mit einer Ansprechperson vor Ort. In den Kirchenräumen wird eine herzliche Willkommens-Atmosphäre geschaffen – mit der Möglichkeit eine Fürbitte zu schreiben, eine Kerze anzuzünden, in der Bibel zu lesen, Impulse zu entdecken, mit den Kindern zum Jahresthema zu puzzeln, der Musik zu lauschen, in der Stille zu sein, um zu beten oder um nachzudenken, die Lichtinstallation zu bewundern, die Ausstellung zu betrachten oder auszuruhen bei einer Tasse Kaffee oder Tee. Für die Familien wird zudem ein Escape-Room angeboten. Eltern mit den Kindern lösen spannende Rätsel um das „Wunder Gottes“ herauszufinden. In einem anderen Jahr konnte ein Bibelkrimi gelöst werden. Sehr gut angenommen werden die Taizé-Andachten. Freitags werden die Besucherinnen und Besucher auf den Birgittenweg durch die Stadt Stralsund mit ihren acht Kirchen geführt. Im Anschluss gibt es Kaffee und Gebäck mit interessanten Gesprächen. Ähnlich werden auch die Inseltouren auf Rügen mit dem Bulli zu den Kirchen gestaltet. Das Erleben der Natur auf Rügen oder auf dem Festland sowie Tagespilgertouren mit geistlichen Impulsen stehen ebenso auf dem Programm, wie besonders gestaltete ökumenische Gottesdienste an der Ostsee. In Binz gibt es während der Urlaubersaison im Anschluss an die heilige Messe einen Austausch mit Kaffee. Ob Kultur, Natur, Stille, Gespräche – ein vielfältiges Angebot erwartet die Urlauberinnen und Urlauber.

In der Werbung oder als Aufhänger in der Wirtschaft – der Spruch „Urlaub für die Seele“ ist uns sehr geläufig. Doch was bedeutet der Spruch für die Tourismuspastoral?

Neben dem Wellness-Trend entwickelt sich auch ein Trend hin zu mehr Spiritualität. Der Markt ist voll von esoterischen und ähnlichen Angeboten. Kirche kann hier alternativ sinnstiftend aktiv werden, Hilfe anbieten und so ihre Gaben den Menschen näherbringen. Gott will mit jedem/jeder Einzelnen unterwegs sein und mit ihm/ihr in den Dialog treten – auch im Urlaub. Gott will uns alle teilhaben lassen an seiner Heilsgeschichte, unabhängig von Ort und Zeit. Die Hoffnung besteht, dass alle Menschen, egal ob im Urlaub oder vor Ort wohnend, in der Begegnung mit uns als Tourismuspastoral in der Kirche oder darüber hinaus, einen Moment der Gnade und des Heils erleben. Im Urlaub ist der Mensch in der Regel gelassener, weniger gehetzt und offener für die Begegnung mit Gott oder auch für Fragen, die er sich „zu Hause“ nicht zu stellen traut. So gibt dies der Kirche die Gelegenheit, mit den Menschen, ob glaubend oder nichtglaubend, ins Gespräch zu kommen zu Themen, die sie beschäftigen und bewegen. Als Tourismuspastoral erzählen wir diesen Menschen von Gott und geben Zeugnis von dem, was uns erfüllt, denn „Kirche im Urlaub geht auf den Menschen zu und holt ihn dort ab, wo er sich gerade aufhält. Urlauberseelsorge will den Menschen nicht binden, sondern Möglichkeiten innerhalb einer eng umrissenen Zeitspanne unverbindlich eröffnen. Diese neu gemachten Erfahrungen bieten die Chance, zu Hause vor Ort in Gemeinden, Gemeindegruppen oder kirchlichen Einrichtungen fortgeführt zu werden.“ 2

Möwe über Liegestühlen am Strand

Bild von Steve Bidmead auf Pixabay

Marion von Brechan

Marion von Brechan ist Referentin für die Tourismuspastoral im Erzbistum Berlin. Sie ist Absolventin von Theologie im Fernkurs.


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